Frauen wählten die Kanzlerin
Die Wählerinnen haben entschieden: Mehr Frauen als Männer haben der CDU ihre Stimme gegeben. Dabei zeigt die Wahlforschung der letzten Jahre, dass Frauen häufiger für Linke Parteien stimmen, Männer dagegen für konservative. Dieses Wahlergebnis zeigt etwas anderes, denn 44 Prozent der Frauen wählten die Union, bei den Männern waren es 39 Prozent. Bei der größten Wählergruppe, der Frauen über 50 Jahre, gaben sogar 53 Prozent ihre Stimme der CDU. Hat Angela Merkel wirklich einen „Frauenbonus“? So erklärte zumindest Kanzlerkandidat Peer Steinbrück 2012 in einem Interview die Beliebtheit der Kanzlerin bei den Wählerinnen. Fest steht, dass ein Großteil der WählerInnen die Partei nicht wegen ihrem Wahlprogramm, sondern wegen Merkel gewählt hat. Und unter ihrer Regierung hat sich die CDU einigen linkspolitischen Themen, wie die Aussetzung der Wehrpflicht und die Energiewende, angenommen.
Schaut man sich die Wahlgeschichte der deutschen Frauen genauer an, hat die Beliebtheit der Union Tradition. Seit Frauen 1918 das Wahlrecht erhalten hatten, neigten sie zu traditionellen und christlichen Parteien: Die Union hatte bis zum Jahr 1969 immer einen Vorsprung von zehn Prozent bei den Wählerinnen, obwohl die SPD sich für das Frauenwahlrecht eingesetzt hatte. Einerseits entsprach das Parteiprogramm der CDU dem damals gelebten traditionellen Familien- und Frauenbild, anderseits wählten viele Frauen auch nach der politischen Einstellung ihres Mannes. Doch mit der Veränderung der Gesellschaftstrukturen, veränderten die Frauen auch ihr Wahlverhalten und wählten größtenteils die SPD sowie die Grünen. Seit den 80 er Jahren stimmen weltweit mehr Frauen für Mitte-Links-Parteien und Männer für Mitte-Rechts-Parteien. Nach Ergebnissen des Centre for the American Women in Politics unterstützen Frauen eher eine Politik die gegen militärische Einsätze ist, wirtschaftliche Benachteiligte unterstützt, sich für den Klimaschutz einsetzt und sich um die Umsetzung der Gleichstellung von Menschen unterschiedlichen Geschlechts und verschiedener Herkunft bemüht. Themen, die vor allem bei linken Parteien im Vordergrund stehen.
Doch inwieweit hat sich die CDU, beziehungsweise Angela Merkel, heutzutage gerade für die Gleichstellung der Frau eingesetzt? In Bezug auf die Frauenförderung ist nämlich fast die Hälfte der Befragten Frauen nach einer „Emma“ Umfrage nicht zufrieden mit der Kanzlerin. Ihren Einsatz für die Gleichberechtigung von Mann und Frau benoten 39 Prozent mit „mangelhaft“. Trotzdem zogen 65 Prozent der Frauen Angela Merkel ihrem Herausforderer Peer Steinbrück vor.
Warum wählen Frauen eine Partei, die sich eigenen Aussagen zufolge nicht ausreichend für ihre Belange einsetzt. Manche glauben, dass Frauen Merkel dafür bewundern, dass sie sich als Kanzlerin so lange an der Spitze hält. Andere bezweifeln, dass sich Frauen durch Frauen besonders gut vertreten fühlen: Bei der Wahl 2005 hatten nur 35 Prozent der Wählerinnen für Merkel gestimmt.
Der Grund ist ein anderer: Frauen haben in Bezug auf die Frauenförderung die Hoffnung in die Politik verloren. Erschreckende 46 Prozent der Befragten der „Emma“ Umfrage erhoffen sich keine große Hilfe von der Politik, wenn es um das Thema Gleichberechtigung geht. Ein Großteil glaubt, dass sich Frauen mehr selbst organisieren und sich gemeinsam für ihre Forderungen einsetzten müssen. Deshalb spielen Themen wie die Frauenquote und der Kitaausbau, für die sich die linkspolitischen Parteien weit mehr einsetzten als die CDU, kaum eine Rolle für die Wahlentscheidung der Frauen. Vielmehr wählten sie Merkel, weil sie bedächtiger Auftritt und Entscheidungen länger abwägt als ihr, bei den Wählerinnen unbeliebter, Konkurrent Steinbrück. Es bleibt zu Hoffen, dass die kommende Regierung es schafft, den Frauen das Vertrauen in die Frauenpolitik zurückzugeben, damit die nächste Kanzlerin oder der nächste Kanzler aufgrund der Parteiinhalte und nicht aufgrund fehlender Alternativen gewählt wird.