Ein Schritt zurück- Warum traditionelle Rollenbilder wiederkehren
Er verdient die Brötchen und sie hütet die Kinder. Ein längst überholtes Rollen-Klischee, könnte man meinen. Ganz im Gegenteil. Nach einer repräsentativen Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach teilen dieses konservative Rollenverständnis heute mehr Menschen, als noch in den 1990er Jahren. Dass der Mann für die Karriere der Frau beruflich kürzer tritt, können sich jetzt nur noch 48 Prozent der Frauen vorstellen, im Jahr 1993 waren es noch 54 Prozent. Von den Männern selbst sind noch weniger davon überzeugt, in der Karriere für die Partnerin zurückzustecken. Im Jahr 2013 sind 40 Prozent der Männer dazu bereit, 1993 lag der Anteil bei 47 Prozent. Während die Hälfte der befragten Frauen für einen neuen Job des Mannes in eine andere Stadt ziehen würde, kann sich dies nur ein Viertel der Männer vorstellen.
Doch hat diese Rollenverteilung nicht vielmehr mit den bestehenden Gehaltsunterschieden zwischen Männern und Frauen zu tun, als mit einem konservativen Rollenverständnis? Da auch im Jahr 2013 Frauen durchschnittlich 22 Prozent weniger verdienen, entscheiden sich viele Paare aus ökonomischen Gründen zugunsten der Karriere des Mannes.
Die konservative Rollenverteilung lässt sich aber nicht gänzlich durch den Gehaltsunterschied erklären, sie ist auch in vielen Ehen von jungen Paaren zu beobachten. So fanden die Soziologen Florian Schulz und Hans-Peter Blossfeld heraus, dass am Anfang einer Ehe knapp die Hälfte der Paare auf geteilte Hausarbeit setzt, mit der Zeit aber in konservative Verhaltensmuster zurückfällt. In Haushalten, in denen zunächst Wert auf geteilte Hausarbeit gelegt wurde, ändert sich die Arbeitsverteilung in 47 Prozent der Fälle in Richtung des traditionellen Rollenbilds. Im Vergleich zu den 90er Jahren ist es unter Ehepaaren heute weitaus weniger akzeptiert, dass Frauen mehr verdienen als der Partner, oder Paare bei der Heirat den Geburtsnamen der Frau annehmen.
Da auch in den 90 er Jahren gesellschaftliche Grundsätze und konservative Rollenbilder vermittelt wurden, die das Bild von Ehe und Familie stark beeinflussen, stellt sich die Frage, warum traditionelle Rollenmuster in den letzten Jahren wieder verstärkt auftreten. Es ist zu beobachten, dass heute eine allgemeine Verdrossenheit herrscht, über Geschlechtergerechtigkeit zu sprechen. So glauben Umfragen zufolge 47 Prozent der Männer, dass die Gleichstellung heutzutage „weitgehend verwirklicht ist“ und mehr als jeder vierte meint, dass in den letzten Jahren mit der Gleichstellungspolitik übertrieben worden sei. Grund für diese Einstellung sind vor allem unsachlich geführte Debatten über Themen wie die Frauenquote. Fälschliche Darstellungen, wie die Annahme eine Quotenregelung benachteilige Männer, sind weit verbreitet. Hinzu kommt, dass ein Großteil der Männer sich weiterhin unter Druck gesetzt fühlt, den traditionellen Rollenbildern gerecht zu werden. Nach der Allensbach Studie glauben 71 Prozent der Männer, von ihnen würde erwartet, die Familie zu ernähren. Zusätzlich wird die traditionelle Rollenverteilung durch politische Maßnahmen unterstützt. So regt das Elterngeld dazu an, dass ein Elternteil zu Hause bleibt- und das ist meistens die Frau.