Typische Kommunikationsfallen….

On Februar 9, 2015, Veröffentlicht von , in Beruf und Karriere, By ,,,,,,, , mit Kommentare deaktiviert für Typische Kommunikationsfallen….

Gedanken zur genderspezifischen Kommunikation im Berufsleben

Wir denken, dass wir uns verständlich ausdrücken, dass mein Gegenüber doch kapiert, was ich sage.
Warum schaut die oder der denn jetzt so beleidigt? Meine Güte, noch klarer kann ich es wirklich nicht formulieren….

Kommunikation ist ein schwieriges Unterfangen. Ständig haben wir es mit Missverständnissen zu tun. Vielleicht ist es doch gar nicht so einfach, miteinander zu reden. Auch wenn es dabei nur darum geht, dass der Sender eine Nachricht an einen Empfänger schickt und dieser die Nachricht zu entschlüsseln hat. Eigentlich nichts Weltbewegendes – könnte man meinen. Doch stellen Sie sich folgendes Szenario vor: Sie schildern Ihrer Kollegin ein Problem und sie antwortet: „Verstehe“. Sie sagt dies ganz ruhig und ist Ihnen dabei zugewandt. Eine Variante wäre, dass die Kollegin auf den Bildschirm ihres Laptops schaut und mit einem Augenrollen von sich gibt: „Verstehe“. Das Wort „verstehe“ kann demnach unterschiedlich entschlüsselt werden. Auch nichts Neues. Muss es auch nicht, sondern wichtiger ist es, sich immer wieder bewusst zu machen, dass wir nicht nur auf der verbalen Ebene, sondern auch nonverbal und paraverbal mit Gestik, Mimik, Körperspannung, Stimmtempo – und meldodie …. kommunizieren und in welchem Kontext (Rahmenbedingungen, Hierarchie) wir uns befinden.

Wir senden also Signale, um uns unserem Gegenüber verständlich zu machen. Und diese sind beeinflusst von unseren Gedanken und Überzeugungen. Die Art, wie wir encodieren, ist somit  auch abhängig von dem, was wir gelernt haben qua Sozialisation und Kultur.

Insofern ist es interessant zu schauen, ob Frauen und Männer unterschiedlich codieren und encodieren.

Angenommen, Sie treffen auf einer Party einen Mann, der Ihnen erzählt, dass er in der Freizeit gern boxt. Welche weiteren Eigenschaften schreiben Sie diesem Mann aufgrund dieser Aussage zu und warum? Welche Assoziationen haben Sie? Eine Erklärung kann nach Becker (1998) sein, dass aufgrund der Informationsflut ein automatischer Kategorisierungsprozess im Gehirn erfolgt. Wahrgenommene Eigenschaften einer Person werden demnach einer Kategorie zugeordnet. Dieser Prozess erfolgt unbewusst und manchmal kann es auch zu einem Halo-Effekt kommen. Dann, wenn wir aufgrund von wenigen Merkmalen auf andere Eigenschaften schließen und davon ausgehen, dass wir diese tatsächlich wahrgenommen haben.

Glauben Sie, dass der Mann, der gern boxt, ein ganz sanfter Mensch ist, der in seiner Freizeit auch Gedichte schreibt? Wären das Ihre ersten Gedanken?

Was heißt dieser, nur schmal umrissene Aspekt, für die genderspezifische Kommunikation?

Nehmen wir Frauen und Männer nicht oft so wahr, wie wir denken, dass sie zu sein hätten?

Nach Tannen (2004) fügen sich Männer in einer hierarchisch sozialen Ordnung ein, in der sie entweder unter- oder überlegen sind, es geht um Status und Unabhängigkeit. Frauen hingegen sehen sich in einem Netzwerk zwischenmenschlicher Bindungen, in der Übereinstimmung erzielt werden soll. Tannen spricht davon, dass die Gesprächsstile geprägt sind von Berichtssprache versus Beziehungssprache sowie Dozieren versus Zuhören. Obwohl beide Gesprächsstile von Frau und Mann beherrschen werden, steht ein Kommunikationsstil – unbewusst – im Vordergrund und wirkt sich auf die verbale, nonverbale und paraverbale Ebene aus.

Gender ist das soziale Geschlecht und beschreibt die erlernten, sozialisierten Verhaltensweisen von Frauen und Männern. Biologisch begründete Unterschiede im Kommunikationsverhalten von Frauen und Männern lassen sich nicht feststellen. Eher kann angenommen werden, dass mögliche Differenzen in der Wahrnehmung und Kategorisierung von Frauen und Männern liegen, die Auswirkungen Kommunikationsgewohnheiten haben und die ggfs. zu Vorurteilen, Fehlurteilen oder auch zu Missverständnissen führen.

Gibt es typische Kommunikationsfallen?

Nach Muderlak (2015) gibt es zum Beispiel die Konjunktiv- Falle. Demnach benutzen Frauen gern den Konjunktiv, um höflich zu sein. „Es wäre schön, wenn Sie das Protokoll heute noch schreiben würden…“. So kann ein Konjunktiv-Satz aussehen. Wie würde ein Mann diesen Satz deuten? „Oh, nicht zwingend notwendig, hat noch Zeit…!“ Für einen Mann kann der Konjunktiv eher Unentschiedenheit oder Unsicherheit ausdrücken. Gern drücken Frauen durch den Konjunktiv auch ihre Diskussionsbereitschaft aus, beziehen sich immer wieder auf die inhaltlichen Aussagen, auch wenn der Andere eine gegenteilige Meinung hat. Es ist nicht gewollt, den Gesprächspartner zu düpieren, sondern auf der Beziehungsebene soll es stimmig sein. Dafür werden gern Generalisierungen vermieden. Es werden Weichmacher wie „vielleicht“ oder „“eventuell“ sprachlich eingesetzt, um nicht als überheblich zu wirken. Männer hingegen, so Muderlak (2015), beziehen mit ihren Beiträgen Positionen, lassen ungern den Anderen ausreden oder werten die vorherigen Aussagen ab. Mit kraftvoller Stimme verschaffen sie sich Gehör. Es scheint, als seien Männer sehr motiviert, immer etwas Besseres abzuliefern. Männliche Kommunikation wirkt somit aktiver und lösungsorientierter, während die Frauen in die Position des Reagierens kommen. Ich schreibe bewusst „wirkt aktiver“, denn eigentlich sprechen Männer – typischerweise – einfacher, d.h. prägnanter. Frauen hingegen sind bekanntermaßen das „Sprachwunder“. Sie verfügen über einen größeren Wortschatz, bauen komplexere Sätze, nutzen grammatikalische Variationen, reden mit mehr Melodie und Betonungen. Doch was hilft’s, wenn sie ggfs. gerade dadurch von den Männern nicht verstanden werden? Da haben wir es wieder: Missverständnisse können (müssen nicht) das Ergebnis sein. Detailgenauigkeit oder Denkschleifen sind für Männer oft mühselige Umwege. Sie favorisieren Fokussiertheit und punktgenaue Kommunikation.

Was bedeutet genderspezifische Kommunikation im Berufsalltag?

Es kann passieren, dass männliche Führungskräfte bei Frauen den „Führungsehrgeiz“ übersehen. Sie nehmen beispielsweise detaillierte, informative und gut strukturierte Beiträge von Frauen nicht wahr,  sondern werden unreflektiert als unsicher und/oder wenig ergebnisorientiert abgestempelt.

Dabei geht es nicht darum, das Kommunikationsverhalten des anderen Geschlechts zu kopieren! Es lohnt sich viel mehr, sich mit den Kommunikationsgewohnheiten des jeweilig anderen Geschlechts zu beschäftigen, um Missverständnissen vorzubeugen.

Und wer dennoch seine Kommunikationsgewohnheiten im Sinne einer Kompetenzerweiterung reflektieren möchte, darf sich gern an mich wenden.

Ihre Daniela Sauermann

 

Literatur:

Ayaß, Ruth (2008): Kommunikation und Geschlecht. Eine Einführung. Stuttgart.

Becker, Fred G. (1998): Grundlagen betrieblicher Leistungsbeurteilungen. Stuttgart.

Bischof-Köhler, Doris (2011): Von Natur aus anders. Die Psychologie der Geschlechterunterschiede. Stuttgart.

Kumbier, Dagmar (2006): Sie sagt, er sagt. Kommunikationspsychologie für Partnerschaft, Familie und Beruf. Hamburg.

Muderlak, Christina (2015): Der unbekannte Unterschied. Genderspezifische Kommunikation. ManagerSeminare, Heft 203, S. 30-34.

Tannen, Deborah (2004): Du kannst mich einfach nicht verstehen: Warum Männer und Frauen aneinander vorbeireden. München.

Weg, Marianne und Stolz-Willig, Brigitte (2014): Agenda Gute Arbeit: geschlechtergerecht! VSA-Verlag, Hamburg.

 

 

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