Wo Sprache einen Unterschied macht
An der Universität Leipzig wurde das generische Femininum eingeführt. In der Universitätsverfassung wird nun grundsätzlich von Professorinnen gesprochen, womit sowohl Frauen als auch Männer gemeint sind. Das nunmehr auch Professoren mit „Herr Professorin“ angesprochen werden, wie viele deutschen Zeitungen titelten, ist nicht der Fall. Hinter der Idee steht allein der Gedanke, dass Frauen gegenwärtig die Mehrheit an der Universität ausmachen.
Doch warum erregt diese Umformulierung so viel Aufsehen und trifft auf Widerstand? Es ist von einer Verunglimpfung der deutschen Sprache die Rede und den Entscheidenden an der Uni Leipzig wird vorgeworfen, bei dem Beschluss betrunken gewesen zu sein.
Dabei ist die Idee, mit einer Formulierung beide Geschlechter anzusprechen, nicht etwa absurd, sondern für alle deutschen Frauen Realität. Denn im alltäglichen Sprachgebrauch, in den Medien, der Politik und in Bildungseinrichtung wird fortwährend nur die maskuline Formulierung benutzt und von Lehrern, Professoren, Ärzten und Politikern gesprochen. Sogar dort, wo der Anteil der Frauen eigentlich größer ist, als der Männer.
Warum die Aufregung? Es sei ja eindeutig, dass mit dieser Formulierung beide Geschlechter angesprochen seien. So einfach ist das aber nicht. Die Bevorzugung des männlichen in der Sprache beeinflusst auch das Rollenverständnis. Die wenigen Forschungen, die den Einfluss von Sprache untersucht haben, zeigen, dass der Gebrauch der maskulinen Form für gemischte Gruppen eher Assoziationen mit Männern hervorruft, und weniger mit Frauen. Wir sprechen so, als würden wir nur über Männer reden und Frauen nicht berücksichtigen.
Außerdem hat das generische Maskulinum durchaus einen diskriminierenden Hintergrund. Der Ursprung liegt in dem judeo-christlichen Weltbild, in dem Männer als Standardmensch und Frauen als nachgebildete Sonderform gelten. So sah der Sprachwissenschaftler Jacob Grimm im 18. Jahrhundert das Maskulinum als das „lebendigste, kräftigste und ursprünglichste” unter allen Genuskategorien und erwähnte als erster die Möglichkeit, maskuline Personenbezeichnungen in Bezug auf Frauen anzuwenden. Das Femininum gekennzeichnet er dagegen als das „spätere, kleinere, weichere, stillere, das leidende, empfangende…“
Die diskriminierenden Sprachgewohnheiten aufrecht zu erhalten, nur weil es immer schon so war, ist kein Argument. Denn Sprache ist lebendig, keine starre Einheit, sondern kann beeinflusst werden und wurde im Laufe der Geschichte zum Schlüsselwerkzeug gesellschaftlicher Veränderungen. Daher kommt ihr auch in der Schaffung gerechter Geschlechterverhältnisse eine wesentliche Rolle zu.
Es gibt viele Möglichkeiten des geschlechtergerechten Sprachgebrauchs, wie geschlechterneutrale Formulierungen. Diese umfassen beispielsweise Wörter, die sich aus der Endung „-person“ oder „-kraft“ zusammensetzen, z.B. „Führungskraft“ und Lehrperson“, oder Wörter, die aus Adjektiven oder Partizipien gebildet werden, z.B. „die Studierenden“. Diese Formulierungen gelingen natürlich nicht überall. Wo zwischen Männern und Frauen unterschieden wird, sollte sogenannte „Frauenbindende Sprache“ verwendet werden, die durch die Verwendung des Binnen I (MigrantInnen), den Schrägstrich (Migrant/innen) oder die Dopplung (Migranten und Migrantinnen) beide Geschlechter mit einbezieht. Der Vorwurf, diese Formulierungen seien zu umständlich und würden den Sprachfluss beeinflussen, sind von Psycholinguisten zurückgewiesen worden.
Es mag eine Umgewöhnung sein, konsequent alle Geschlechter in den Sprachgebrauch zu integrieren, kann eine Gesellschaft aber nicht von der Aufgabe entbinden, Gleichberechtigung in allen Bereichen umzusetzen.